Ein Gespräch mit der Wiener Galeristin Sophie Tappeiner über die Digitalisierung auf dem Kunstmarkt, Herausforderungen und eine innovative neue Kunstmesse für Wien  

Ende Januar findet zum ersten Mal die <a href="https://www.interconti.wien/">INTERCONTI WIEN </a>statt, eine Boutique-Messe, die Sie und zwei weitere Wiener Galerien zusammen ins Leben gerufen haben. Was steht hinter dem neuen Projekt? 
Die Idee zu diesem selbstorganisierten Projekt entstand gemeinsam mit den beiden Galerist*innen&nbsp; Henrikke Nielsen (von der Galerie Croy Nielsen) und Emanuel Layr (von der Galerie LAYR). In einer Zeit wie dieser, wo so vieles verschoben oder abgesagt werden muss, freuen wir uns sehr, mit Gleichgesinnten ein neues Projekt mitsamt innovativer Online-Initiative realisieren zu k&ouml;nnen. Die 13 teilnehmenden Galerien d&uuml;rfen jeweils eine*n K&uuml;nstler*in dazu einladen, eine historische Vitrine aus dem Museum f&uuml;r angewandte Kunst (MAK) zu bespielen. Ich werde hier Arbeiten der d&auml;nischen K&uuml;nstlerin Lone Haugaard Madsen pr&auml;sentieren, mit der ich seit 2018 zusammenarbeite, und bin zuversichtlich, dass das Projekt, trotz Lockdown, allen Beteiligten eine Perspektive er&ouml;ffnet.&nbsp;

Mit eines unserer Ziele ist es, dass die INTERCONTI WIEN dazu beitr&auml;gt, die Stadt Wien und ihre lebendige Kunstszene international sichtbarer zu machen, auch wenn durch die Messe und die begleitende Online-Pr&auml;senz nur ein Bruchteil ihrer Vielfalt abgebildet werden kann. Da es sich um eine Kunstmesse handelt, geht es f&uuml;r die teilnehmenden Galerien auch darum, die Arbeiten der pr&auml;sentieren K&uuml;nstler*innen zu vermitteln, Kontakte zu Kurator*innen, Sammler*innen und Kunstinteressierten zu pflegen und neu aufzubauen.

Die historischen Vitrinen des MAK © INTERCONTI WIEN

Was ist f&uuml;r Sie als Galeristin gerade die gr&ouml;&szlig;te Herausforderung? 
In meiner Rolle als Galeristin empfinde ich es als besonders herausfordernd, dass es zur Zeit, aufgrund der COVID-19-Pandemie und den daraus resultierenden Vorschriften, kaum Planbarkeit gibt und man keine Ausstellungen besuchen darf. 
 
Insbesondere f&uuml;r die K&uuml;nstler*innen stellen die verschobenen, bzw. abgesagten Ausstellungen eine Herausforderung dar, die noch lange zu sp&uuml;ren sein wird. K&uuml;nstler*innen haben weniger Sichtbarkeit, ihre Arbeiten und Ausstellungen werden nicht besprochen und verhandelt, und damit ergeben sich auch weniger neue Entwicklungsm&ouml;glichkeiten. Vor diesem Hintergrund haben wir auch INTERCONTI WIEN konzipiert: Der hybride Charakter der Messe erlaubt, dass die Veranstaltung auf jeden Fall realisiert und besucht werden kann. Sollte die Messe nicht, wie geplant, in den R&auml;umlichkeiten besucht werden k&ouml;nnen, so kann man sie auf jeden Fall online erfahren.

Sind digitale Ausstellungen und Online-Messen die Zukunft? 
Die zunehmende Digitalisierung wirkt sich nat&uuml;rlich auch auf die Kunstwelt aus. Digitale Ausstellungsdokumentation halte ich zweifellos f&uuml;r n&uuml;tzlich, doch pers&ouml;nlich kann ich mir nicht vorstellen, dass das Erlebnis einer Ausstellung, das Gef&uuml;hl, vor einer Arbeit zu stehen und sich auf sie einzulassen, jemals zur G&auml;nze von digitalen Formaten ersetzt werden kann. Allein schon Raum, Material und Dimensionen lassen sich kaum auf einen Bildschirm &uuml;bersetzen. Ausnahmen bilden nat&uuml;rlich Ausstellungen, die speziell f&uuml;r den digitalen Raum konzipiert sind. Man sollte sich Ausstellungen in dem Kontext ansehen, f&uuml;r den sie gemacht worden sind.&nbsp;&nbsp;

INTERCONTI WIEN wurde von Anfang an als eine Offline- und Online-Messe konzipiert, da wir glauben, dass kollaborative, hybride Projekte nachhaltig erfolgreich sein k&ouml;nnen.

Lone Haugaard Madsen, Raum#350-Lystre, exhibition view, Sophie Tappeiner, 2018

Hat sich die Nachfrage und das Interesse f&uuml;r Kunst im Zuge der Corona-Pandemie ver&auml;ndert? 
Ob sich die Nachfrage und das Interesse f&uuml;r Kunst grunds&auml;tzlich im letzten Jahr ver&auml;ndert hat, kann ich nur schwer sagen. Aber, wie in so vielen anderen Bereichen auch, hat die Pandemie die Digitalisierungsprozesse auf dem Kunstmarkt stark beschleunigt. Damit haben sich einige Parameter ver&auml;ndert und auf gewisse Weise ist Kunst f&uuml;r viele Menschen online &quot;zug&auml;nglicher&quot; geworden. Man braucht ja lediglich einen Computer mit Internetzugang. 
 
Wer nicht reisen kann, um sich eine Ausstellung oder eine Kunstmesse in einer anderen Stadt anzusehen, kann im Netz einen Eindruck bekommen; und die Schwellenangst, die Besucher*innen mitunter bei Galerien versp&uuml;ren, gibt es im Internet nicht. Ein interessanter Aspekt ist auch, dass bei virtuellen Kunstmessen nun vermehrt Preise angegeben werden. Bei physischen Messen war das bisher kaum der Fall.

Worauf freuen Sie sich besonders im Jahr 2021? 
Ich glaube, dass wir auf lange Sicht nicht zu unserer bisherigen Lebensweise zur&uuml;ckkehren k&ouml;nnen, da sie unter anderem in Bezug auf den Klimawandel einfach nicht nachhaltig war. Trotzdem hoffe ich darauf, mich bald wieder frei bewegen zu k&ouml;nnen - im Raum, weg vom Bildschirm. 
 
Ich freue mich auf die Realisierung von INTERCONTI WIEN mit meinen Kollegen Henrikke Nielsen und Emanuel Layr und auch auf die Ausstellungsprojekte, die in diesem Jahr anstehen: von Februar bis Juni mit Lone Haugaard Madsen, Tenant of Culture und Sophie Thun drei spannende Einzelausstellungen in der Galerie geplant.&nbsp; 
 
INTERCONTI WIEN findet&nbsp;vom 28. Januar bis 7. Februar 2021 online und im&nbsp;InterContinental Wien statt.

Sophie Tappeiner: “Hybride Kunstprojekte können nachhaltig erfolgreich sein”

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